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Algen tragen maßgeblich dazu bei, die Luft von CO₂ zu säubern. Doch das Algenvorkommen geht dramatisch zurück. Und das hat nicht nur Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf das Leben der Menschen. Meeresbiologe Tobias Vonnahme forscht zu diesem Thema.

Eine multimediale Reportage von Adriana Heide

Die Winter in Nordnorwegen werden milder. Mit zunehmender Kraft der Sonne steigen die Temperaturen. Die Gletscher schmelzen und fließen in den Fjørd. Das Gewässer schichtet sich. Die Algen bekommen viel Sonnenlicht, leiden aber auch unter Mangelernährung. Was bedeutet das nun für das CO₂-Vorkommen in der Luft?

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Insgesamt drei Jahre wird Tobias Vonnahme das Algenvorkommen im nordnorwegischen Fjørd erforschen. Doch bereits nach einem Jahr zeichnet sich eine eindeutige Entwicklung ab. Der Klimawandel ist nicht mehr zu leugnen. Was zeigen die Forschungsergebnisse des Meeresbiologen?

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Forschung auf See

Einmal im Monat fährt Tobias Vonnahme auf See. Der Ramfjørd südöstlich von Tromsø ist das Ziel. Dort entnimmt er Proben aus der nordnorwegischen Tiefsee. Aus ihnen zieht er Rückschlüsse auf den Klimawandel. Der Doktorand der Meeresbiologie hat sich auf die Algenforschung spezialisiert.

Klicken Sie in der Karte auf den rot markierten Ort, um mehr über Tromsø und den Ramfjørd zu erfahren.

35 Meter unterhalb des Meeresspiegels filtert ein Netz zehn Mikromillimeter große Algen heraus, die Tobias Vonnahme später im Labor untersucht. Auch das Gewässer spielt für ihn eine enorme Rolle. Ein Messapparat, genannt CTD-Rosette, wird bis auf den Boden des Meeres abgelassen und misst mehrere Male pro Meter Temperatur, Leitfähigkeit und Wasserdruck. Wasserproben, die in 55, 85, und 125 Metern Tiefe genommen werden, lassen auf Dichte und Salzgehalt schließen.

Die Fotogalerie zeigt Tobias Vonnahme und seine Kollegen bei einer Expedition auf See. Im nordnorwegischen Ramfjørd entnimmt der Meeresbiologe Proben aus dem Gewässer.

Zur Person

Tobias Vonnahme arbeitet als Doktorand der Meeresbiologie an der Universität in Tromsø. Sein Fachgebiet ist die Algenforschung. Tobias ist 29 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Deutschland. In Düsseldorf ist er geboren und aufgewachsen. Nach seinem Studium in Konstanz und Bremen hat es ihn nach Norwegen verschlagen. Dort schätzt er die insbesondere die beeindruckende Schönheit der Natur.

In der Meeresbiologie sind es vor allem die Algen, die das CO₂ aus der Atmosphäre fixieren und dieses CO₂ zum Boden des Ozeans exportieren. Das ist eine Methode, um das CO₂ aus der Atmosphäre wieder loszuwerden.

Tobias VonnahmeDoktorand der Meeresbiologie, Universität Tromsø

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Panoramablick auf die Stadt Tromsø und den Fjørd

Forschung im Labor

Was zeigen die Werte, die aus den Wasserproben gewonnen werden? Welche Entwicklungen beobachtet Forscher Tobias Vonnahme unter seinem Mikroskop?

Die Antwort scheint ganz simpel: Die Temperaturen steigen. Das Gewässer ist nicht nur wärmer, auch das Salzprofil ändert sich stetig. Es nimmt ab. Kontinuierlich. Das zeigen nicht nur die Zahlen dieser Forschungsreihe – der Vergleich mit einer Studie aus den 1980er Jahren liefert den Beweis. Und die Proben sind algenärmer. Eine Gefahr für den Menschen, die Tiere und die Umwelt?

Das Video zeigt Tobias Vonnahme beim Mikroskopieren der Algen.

2
Mikrogramm Chlorophyll pro Liter Wasser

Frühling 2018

6,5
Mikrogramm Chlorophyll pro Liter Wasser

Frühling 1980

0,16
Mikrogramm Chlorophyll pro Liter Wasser

Herbst 2018

2,5
Mikrogramm Chlorophyll pro Liter Wasser

Herbst 1980

Die Werte im Frühling sind unabhängig von den Werten im Herbst zu betrachten. Das heißt: Das Algenvorkommen im Frühling 1980 ist mit dem Algenvorkommen im Frühling 2018 zu vergleichen. Das Algenvorkommen im Herbst 1980 ist mit dem Algenvorkommen im Herbst 2018 zu vergleichen. Im Frühling ist das Algenvorkommen im Fjørd wegen der Sonneneinstrahlung und der milderen Temperaturen grundsätzlich höher als im Herbst.

 

Die Messungen im Herbst 1980 verglichen mit den Messungen im Herbst 2018 zeigen es deutlich: Das Algenvorkommen ist um etwa 2,34 Mikrogramm Chlorophyll pro Liter zurückgegangen. Die Zahlen gemessen im Frühjahr 1980 und 2018 bestärken die These: Der Klimawandel tötet die Algen.

Das CO₂-Lexikon

Das Thema CO₂ und seine Folgen für Mensch, Tier und Umwelt sind komplex. Experten nutzen Begriffe häufig selbstverständlich, ohne sie zu erläutern. Um diese Reportage vollumfänglich zu verstehen, erklären wir Ihnen die wichtigsten Begriffe zu diesem Themenkomplex.

CO₂

CO₂, also Kohlenstoffdioxid, ist eine chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff. Es entsteht bei der Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Brennstoffen wie Öl, Erdgas oder Kohle. Pflanzen wandeln CO₂ in Sauerstoff um, den die Menschen zum Atmen brauchen. Wird überdurchschnittlich viel CO₂ produziert und in die Erdatmosphäre entlassen, wird der natürliche Treibhauseffekt enorm verstärkt.

CO₂-Emissionen

CO₂-Emissionen bezeichnen verschiedene Treibhausgase, die durch die Verbrennung verschiedener kohlenstoffhaltiger Materialien, wie Kohle, Diesel und Benzin, Erdgas, Holz und Flüssiggas entstehen.

CO₂-Äquivalente

Verschiedene Treibhausgase tragen zur Klimaerwärmung bei. Um diese Gase miteinander vergleichen zu können und herauszufinden, welches Gas wie stark zur globalen Erderwärmung beiträgt, werden die Fähigkeiten der Gase in CO₂-Äquivalente umgerechnet. Diese CO₂-Äquivalente sagen aus, wie stark die Klimawirkung eines Gases ist.

Wie gut kennen Sie sich mit CO₂-Emissionen aus?

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Forschung im Labor 2.0

Wie lässt sich aber nun von diesen Ergebnissen auf den Klimawandel schließen? Die Winter sind wärmer. Es bildet sich weniger Eis auf dem Meeresspiegel, der Schnee schmilzt früher. Denn frühlingshafte Temperaturen treten schon im Februar auf und der Sommer reicht bis tief in den Herbst hinein. Süßwasser fließt in den Fjord, eine Schichtung setzt ein. Oben Süßwasser, unten Salzwasser. Die Schichtung bewirkt, dass sich die Algen im Süßwasser aufhalten, da sie die Sonneneinstrahlung brauchen. Die Nährstoffe fühlen sich aber im Salzwasser wohl. Daraus ergibt sich ein Problem. Denn: Nährstoffe sind für Algen lebensnotwendig. Je stärker also das Wasser geschichtet ist, desto weniger Nährstoffe befinden sich im Ozean. Weniger Nährstoffe implizieren ein geringeres Algenvorkommen. Und das wiederum führt zu mehr CO₂ in der Atmosphäre. Die Stickstoffwerte und der Kohlenstoffgehalt bestätigen dieses Problem. Es befinden sich weniger Nährstoffe und auch weniger Biomasse im Gewässer. Das heißt: das Algenvorkommen geht zurück.

Das Video zeigt Tobias Vonnahme im Labor.

Auch private Haushalte tragen dazu bei, dass enorme Mengen von CO₂ in der Luft kursieren. Insbesondere das Heizen von Wohnräumen mit Öl und Erdgas sowie der Kraftstoffverbrauch privater Fahrzeuge treiben den CO₂-Ausstoß in die Höhe. Die folgende Grafik zeigt die CO₂-Emissionen privater Haushalte.

Expertise versus Engstirnigkeit

Bodil Bluhm ist Professorin der Meeresbiologie und unterrichtet an der Universität in Tromsø. Zahlreiche Forschungsreisen in die Arktis machen sie zur Expertin für Ozeanografie.

Klicken Sie die Videos an, um eine Einschätzung von der Expertin zu erhalten.

Wie wirkt sich der Klimawandel schon heute auf die Erde aus?

Was können wir tun, um den Klimawandel aufzuhalten?

Was ist Menschen zu entgegnen, die den Klimawandel noch immer leugnen?

Mitwirkende:


Text, Informationen & Videos: Adriana Heide
Animation & Layout: Anne Porth, Marcel Behnke, Florian Muskat
Illustrationen: mirifadapt, Рома Быхалець, Arcady – stock.adobe, vrm

Diese Reportage ist im Rahmen des Projekts „Talents2Norway“ entstanden und wurde unterstützt von „Visitnorway“ und „Visitnorthernnorway“.