Als kostenfreie Online-Dating-App hat Tinder das Internet erobert. Oft finden User ihr Match jedoch nur durch Premium-Käufe. Verstecken sich die Möglichkeiten der App hinter einer Paywall? Eine Beobachtung.
Ein Multimedia-Projekt der Studierenden Jonas Peter Aschenbach, Hendrik Dücker, Sophie Ellen Fischer, Alica Lena Maas, Sara Niebler
Fakten zum Start: Klicken Sie auf das Plus, um mehr über das Unternehmen Tinder zu erfahren.
„It`s a match!“. Doch nach zehn Jahren in den App-Stores knistert es zwischen Tinder und seinen Nutzenden nicht mehr. Vorbei ist die Zeit, in der kostenlos nach links oder rechts „geswipt“ werden konnte, bis der Daumen krampfte. Ein Startschuss für eine neue Liebe? Der muss mittlerweile schnell gefunden werden – bevor die kostenlosen „swipse“ verbraucht sind. Die Hoffnung muss man aber nicht sofort aufgeben, wenn es mit den kostenlosen Funktionen der App nicht direkt „matched“. Denn Tinder bietet Möglichkeiten an, die Chancen auf die große Liebe zu steigern. Ist das tatsächlich der Fall? Oder sind die gekauften Vorteile doch nur eine Methode, um schwache Dating-Profile zu ködern? Ob „Plus“ tatsächlich für mehr Qualität beim aktiven Dating stehen kann, analysieren die Verfasser:innen dieses Multimedia-Projekts.
Mit Blick auf die Bewertungen im App-Store schneidet Tinder schlechter ab, als vergleichbare Apps wie Lovoo oder Bumble (iOS App-Store Stand 25.1.23). Viele der öffentlichen Bewertungen auf Google Play oder im Apple App Store beschreiben das, was sich auf Seite des Unternehmens im Aktienkurs widerspiegelt: Tinder verliert an Marktanteilen – Ein möglicher Grund für die konsequente Premium-Strategie der Dating-App. Denn schon nach nur kurzer Nutzung der App wird zum Kauf animiert, um das Nutzungserlebnis zu verbessern, oder, mit den Worten Tinders, zu „boosten“. Das verärgert viele Nutzenden.
Kommentare der Nutzenden
Kaufbare Vorteile in Sachen Liebe gibt es auf Tinder viele. Zum Beispiel: Die unbegrenzten „Swipes“, Rückholfunktion von den erstmals unpassend Geglaubten oder Aufhebung der örtlichen Begrenzung. Tinder-Premium-Angeboten kosten zwischen 5 Euro und über 30 Euro im Monat. Die Preisschilder für die erhofften Dates sind in der App überall präsent. Die Anzeigen begegnen den Nutzenden auf unterschiedlichen Wegen als Push-Mitteilung, zwischen den „Swipes“ oder in der Chatsektion.
In der Beobachtung scheint es, als hätten es Frauen viel leichter, auf Tinder ein akzeptables Match zu finden als Männer. Eine Erklärung dafür kann der deutliche Überhang an männlichen Profilen auf der App sein. Mit 69,9 Prozent bilden Männer die Mehrheit auf Tinder, so eine Studie von onlinedating.de. Außerdem empfindet eine Frau etwa 12 Prozent der vorgeschlagenen Männer als für sich geeignet. Für Männer hingegen muss es also erheblich schwieriger sein, ein Match zu finden, geschweige denn einen Chat, der am Ende tatsächlich zu einem Date führt.
Wie sich beobachten lässt, haben vor allem Männer, die keine Premium-Vorteile bezahlen, nur geringe Chancen auf ein Match. Möchte man unbegrenzt „swipen“, sogenannte Super-Likes versenden oder möglichst vielen anderen Profilen vorgeschlagen werden, erscheint der Kauf von Premium-Features unumgänglich.
Tinder-Kampagnen außerhalb der Plattform wirken auffällig, bunt und divers. Die Clips auf YouTube sind kurz und prägnant. Gut gekleidete Darsteller, die eine gewisse Ästhetik mit dem dargestellten Lebensstil verkörpern. Es scheint eindeutig, dass die Werbung auf ein jüngeres Publikum abzielt. Weniger das Kennenlernen, aber umso mehr das immer wieder neue Verlieben stehen im Fokus. Mit Video-Formaten wie „Tinder Diaries“ auf YouTube zeigt sich Tinder von einer augenscheinlich selbstreflektierten Seite. In der Praxis scheint das Konzept der App auf der Quantität als auf die Qualität der Matches abzuzielen.
Wer sich für Tinder entscheidet, dem sollte bewusst sein: Trotz kostenloser Registrierung und Anmeldung behält das Unternehmen Match Group klar den finanziellen Aspekt im Fokus. Der Algorithmus der App versucht möglichst viele User zum Kauf von Premium-Vorteilen zu bewegen, um dadurch das jeweilige Nutzungserlebnis zu verbessern. Natürlich gibt es die Chance, die Liebe zu finden. Dafür bezahlt man entweder viel Geld für Dating-Portale oder versucht es doch auf anderen Wegen. Denn laut einer Online-Umfrage aus dem Jahr 2022 lernten sich die meisten Paare über gemeinsame Freunde kennen.
Dieses Projekt wurde von Studierenden als Abschluss der Lehrveranstaltung „Journalismus als Beruf“ im Bachelor-Studiengang Publizistik konzipiert, recherchiert und produziert. Für diese Lehrveranstaltung kooperieren die VRM und das Institut für Publizistik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.
Mitwirkende:
Autoren: Jonas Peter Aschenbach, Hendrik Dücker, Sophie Ellen Fischer, Alica Lena Maas, Sara Niebler
Fotos: ink drop stock.adobe